Es geht steil!

Die neue Schweizer Stoosbahn ist die steilste Standseilbahn der Welt und fährt täglich von der Gemeinde Schwyz mitten in das Bergdorf Stoos hoch. Zwei Sesselbahnen führen weiter auf den Fronalpstock-Gipfel mit einem atemberaubenden Blick auf den Vierwaldstättersee. Das Betriebspersonal um Leiter Gregor Annen sorgt dafür, dass alle Passagiere einen ungetrübten Blick auf die Alpenwelt genießen können.

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Willkommen in Stoos!

In der Schweiz gibt es wunderschöne Berggipfel und viele steile Hänge. In den Zentralalpen rund 45 Minuten von Zürich entfernt hat das nun sogar zu einem Weltrekord geführt: Seit Dezember fährt dort die neue Stoosbahn spektakulär von der Gemeinde Schwyz direkt ins Bergdorf Stoos hoch und ist damit die steilste Standseilbahn der Welt.

Dabei muss sie ganze 110 Steigungsprozente bewältigen – und lässt ganz nebenbei die steilsten Straßen der Welt recht harmlos aussehen: Die Baldwin Street im neuseeländischen Dunedin ist Spitzenreiter mit einer Steigung von 35 Prozent, San Franciscos famose Lombard Street führte mit 27 Prozent nach oben, bevor sie in die weltbekannte Serpentinenstraße umgewandelt wurde.

«Sicherheit ist da natürlich das Wichtigste», erklärt Gregor Annen. Dazu gehört für ihn, dass alles tiptop sauber ist. Seit neun Jahren ist der 53-Jährige für den Bergbahnen-Betrieb zuständig und hat auch die langjährige Konzeptionsphase der Hightech-Bahn begleitet. «Die Stoosbahn ist ein technisches Wunderwerk», sagt er. «Eine Meisterleistung aller Beteiligten.»

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Mit Panorama-Blick nach oben

Die Bahn bringt im Sommer bis zu 3.500 Passagiere täglich nach oben – im Winter sogar bis zu 4.000. Von der Talstation bis auf den Stoos steigt sie um 743 Meter in die Höhe und braucht dafür nur etwa fünf Minuten, parallel geht es hinunter ins Tal.

Die Wagen bieten über die Fenster ihrer je vier Kabinen und über das gewölbte Panorama-Dach freie Aussicht während der Fahrt und müssen jeden Tag gereinigt werden. Herausfordernd ist dabei vor allem auch die zylindrische Form der Kabinen, die wie gewaltige Wäschetrommeln aneinandergereiht sind. Die Seilbahn ist so ausgeklügelt konstruiert, dass man als Passagier immer auf einer waagrechten Fläche stehen kann – egal wie stark die Gleise am Hang ansteigen.

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Ungetrübter Blick nach außen

Besonders in der untersten Kabine mit freiem Blick auf das Bahntrassee kommt es zu Verschmutzungen, wenn Passagiere ihre Nasen und Hände an die Scheiben drücken, um nichts zu verpassen.

 Auch die Glasfront im Ein- und Abfahrtbereich der Bahnstationen, hinter der die Fahrgäste warten, bis sie einsteigen könnnen, wird jeden Tag auf Hochglanz gebracht.

 Im Sommer muss in den Kabinen der Schmutz von Wanderschuhen beseitigt werden, im Winter Matsch und Schnee – und zu jeder Jahreszeit Krümel, Getränkespuren, Verpackungsreste oder Hundehaare, die liegen bleiben. Taut mitgebrachter Schnee, werden auch Wasserpfützen einfach mit einem Nass-Trockensauger aufgenommen.

Einwohner pendeln täglich

Während es im Ein- und Ausstiegsbereich der Stationen eine handgeführte Scheuersaugmaschine auch bei Nässe mit Papierteilen, Laub und Gras aufnimmt oder den Wintermatsch entfernt, wird das Außenareal von Tal- und Bergstation regelmäßig mit einer Aufsitzkehrmaschine von Laub oder Abfällen befreit. Hier liefern Busse Ausflügler ab, Lieferanten entladen ihre Waren. Oben im autofreien Dorf auf 1.300 Meter Höhe leben gut 150 Einwohner und nutzen die Seilbahn für ihren täglichen Schul- oder Arbeitsweg.

Auch wird alles mit der Bahn transportiert, was man auf dem Stoos braucht. Unter anderem Getränke und Lebensmittel, aber auch Zement , Holz und anderes Baumaterial für die Häuser. Dazu hat die Stoosbahn einen Lastenbereich mit Mulden.

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Mit Hochdruck am Gipfel

Zur Frühschicht führt Annen morgens schon kurz nach sechs Uhr eine erste Dienstfahrt durch und nimmt gleich auch frisches Brot und Zeitungen nach oben mit. Vorab wird geprüft, ob an der Bahn alles in Ordnung ist – die Nächte können stürmisch sein, sagt der im Kanton Schwyz gebürtige Schweizer.

Mit seinem Job bei der Stoosbahn hat er sich einen Traum erfüllt. Als Bub schon baute Annen mit Schnur und Streichholzschachteln Sessellifte, mit sechs Jahren fuhr er zum erstenmal mit der alten Stoosbahn auf den Berg – und ist seither auch begeistert vom traditionellen «Schwingfest», bei dem Schwingsportler alljährlich hier oben ihre Kräfte messen. «Schwingen» gilt als Schweizer Nationalsport und wird als Freistilringen auf Sägemehl ausgeübt.

 Die beiden Sesselbahnen, die von Stoos noch weiter hinauf bis zum Fronalpstock-Gipfel fahren, fallen ebenfalls in seinen Zuständigkeitsbereich. Mitunter sind die Sessel stark verunreinigt oder klebrig und die Fußrasten hartnäckig verschmutzt. «Wir finden alles Mögliche hier», erzählt Stoosbahn-Mitarbeiterin Pia Schilter, die Limo-Flaschen und leere Chipstüten einsammelt und dann das blaue Kunstleder der Sessel mühelos mit Hochdruck abwäscht.

Top-Reiseort mit einzigartiger Aussicht

Ganz oben hat man einen Rundumblick und schaut auf den herrlichen Vierwaldstättersee. Die Gegend wird als Urschweiz bezeichnet. Gämsen und Greifvögel machen die Idylle perfekt. Auch blickt man auf unzählige Alpengipfel, zum Beispiel auf die Rigi oder zum Stanserhorn. Selbst das legendäre Rütli ist zu erkennen – auf der Wiese am Ufer des Vierwaldstättersees soll der berühmte Gründungsschwur der späteren Eidgenossen geschlossen worden sein.

«Die Aussicht ist einzigartig und auch für uns jedes Mal wieder ein Erlebnis», sagt Annen. «Besucher machen oben ein Selfie nach dem anderen.» Im Sommer leuchten die Hänge wie grüner Samt, im Winter wie von Puder bedeckt. Auf der Terrasse des Bergrestaurants, das Gäste mit Fondue, Alpkäse und Rotwein oder Schnaps bewirtet, kann man die Eindrücke setzen lassen – und dann den Fronalpstock auch zu Fuß oder auf Skiern wieder hinunter. 

Genug Zeit hat man: Zumimdest am Wochenende fährt die Stoosbahn bis in die Nacht hinein – im Winter bis 24 Uhr, auf Wunsch sogar mal ausserhalb des Fahrplans. Viele nutzen das Bergidyll für Events oder Seminare. Und wer einmal oben war, weiß, warum die «New York Times» die Stoosbahn in der Region Luzern-Vierwaldstättersee zu einer der 52 Reise-Destinationen auf der Welt wählte, die man 2018 unbedingt besuchen sollte.

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